Mittwoch, 17. Februar 2010

U-Bahn-Skandal: Justiz ermittelt jetzt auch wegen Betrugs | Koeln.de

Köln - In der Affäre um den Kölner U-Bahn-Bau prüft die Staatsanwalt nun einen Betrug bei den Vermessungsprotokollen. Wie der «Kölner Stadt-Anzeiger» (Mittwochausgabe) berichtet, teilen die von der Justizbehörde beauftragten Gutachter die Einschätzung innerhalb der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB), dass Unterlagen verfälscht wurden. «Das sieht nach Absicht und systematischen Manipulationen aus», hieß es demnach aus dem Umfeld der Ermittler. Behördensprecher Günther Feld wollte dies gegenüber der Zeitung weder bestätigen noch dementieren.

Pfusch beim U-Bahn-Bau (hier am Beispiel der Baustelle am  Heumarkt)


Bildergalerie: Ortstermin in der U-Bahn-Baustelle Heumarkt


Der Baukonzern Bilfinger Berger gab in einem Schreiben an die KVB Unstimmigkeiten bei «etwa 20» Protokollen zu. Zwei Bauleiter, gegen die bereits ermittelt wird, wurden suspendiert. Deren Angaben würden nun geprüft, sagte Unternehmenssprecher Martin Büllesbach dem Blatt. «Die Erkenntnisse überholen sich täglich», fügte er hinzu. Angesichts der jüngsten Enthüllungen müsse er «inzwischen davon ausgehen, dass wir eventuell immer angelogen werden». Man werde sich fortan nicht mehr auf die Aussagen der eigenen Mitarbeiter verlassen, sondern alle Vorgänge «genauestens» prüfen.



Am vergangenen Donnerstag hatte eine Prüfung ergeben, dass an der U-Bahnbaustelle Heumarkt zum Teil nur 17 Prozent der zur Sicherung der Schlitzwand-Lamellen vorgesehenen Stahlbügel verbaut wurden. Die Lamellen dienen der Stabilisierung der Baugrube. Einen Teil der Stahlbügel sollen Bauarbeiter verbotenerweise an Schrotthändler verkauft haben. Darüber hinaus wurden falsche Vermessungsprotokolle für 28 Schlitzwand-Lamellen der Baugruben Waidmarkt, Heumarkt und Rathaus entdeckt. Es wird nicht ausgeschlossen, dass die Zahl der falschen Vermessungsprotokolle noch höher liegen könnte.

OB Roters schreibt Brief an Bilfinger Berger

Angesichts der neuen Enthüllungen hatte Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) am Montag das beim Stadtbahnbau federführende Unternehmen Bilfinger Berger in die Pflicht genommen. «Täglich wächst die Angst, weil immer neue Mängel bei der Bauausführung bekanntwerden», schrieb Roters in einem Brief an Bilfinger Berger-Vorstandschef Herbert Bodner. Die örtliche Bauleitung hatte am vergangenen Freitag Mängel bei der Qualitätskontrolle eingeräumt.


Eine Einsturzgefahr an den U-Bahn-Haltestellen droht laut Experten möglicherweise bei einsetzender Schneeschmelze und dem damit einhergehenden Rhein-Hochwasser. Sachverständige schließen nicht aus, dass die Konstruktion bei einem Pegelstand von mehr als vier Metern instabil werden könnte. Dann müssten möglicherweise auch Häuser in der Nähe der U-Bahn-Baustellen evakuiert werden, hieß es.


Der Einsturz des Stadtarchivs und zweier benachbarter Wohnhäuser in Köln am 3. März 2009 wird mit dem U-Bahn-Bau in Verbindung gebracht. Damals waren zwei junge Männer ums Leben gekommen und zahlreiche historische Dokumente verschüttet und beschädigt worden. Ein Wassereinbruch in die U-Bahnbaustelle am Stadtarchiv gilt als wahrscheinlichste Unglücksursache.

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