Montag, 22. Februar 2010

Zweieinhalb Monate vor der Landtagswahl tritt der nordrhein-westfälische CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst zurück. Das erklärte der Politiker am Montag

Zweieinhalb Monate vor der Landtagswahl tritt der nordrhein-westfälische CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst zurück. Das erklärte der Politiker am Montag (22.02.10) in Düsseldorf. Schon vorher hatte er die Verantwortung für die Sponsoring-Affäre der Partei übernommen.


Hendrik Wüst (CDU)
Hendrik Wüst, ehemaliger NRW-CDU-Generalsekretär (Aufnahme vom  22.02.10); Rechte: ddpDie Entscheidung sei nach einem Gespräch mit dem CDU-Landesvorsitzenden Jürgen Rüttgers gefallen, teilte ein Parteisprecher am Montag mit. Wüst hatte die Verantwortung für die "Sponsoring-Affäre" in der NRW-CDU übernommen. Rüttgers habe Wüst für seine Arbeit gedankt, sagte der Sprecher weiter. Wüst werde seine politische Arbeit in der CDU-Landtagsfraktion fortsetzen.

"Man kommt an einem Punkt, wo man sich fragt, ob man der Partei im Wahlkampf noch helfen kann", sagte Wüst in Düsseldorf. Da er diese Frage nicht klar mit Ja beantworten könne, müsse nun ein anderer seine Aufgabe übernehmen. Wann Rüttgers einen Nachfolger präsentieren wird, ist offen. Wüst war bislang Chef-Organisator der CDU-Kampagne für die Landtagswahl am 9. Mai 2010.

Lammert: "Selten dämlich"

Die Bundes-CDU hat Wüst für seinen Rücktritt Respekt bekundet. "Das ist honorig", sagte der Bundes-Generalsekretär Hermann Gröhe. Wüst übernehme damit die persönliche Verantwortung. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) übte hingegen harsche Kritik an der NRW-CDU: "Das Schreiben ist politisch selten dämlich." Mit Blick auf mögliche Konsequenzen aus der Affäre sagte Lammert: "Ob es rechtlich zu beanstanden ist, wird wie in allen vergleichbaren Fällen von der Bundestagsverwaltung geprüft."

6.000 Euro für Einzelgespräch mit Rüttgers


Jürgen Rüttgers (CDU)
Jürgen Rüttgers (CDU), NRW-Ministerpräsident; Rechte: dpaAm Wochenende war bekannt geworden, dass die CDU gegen Bezahlung Gespräche mit Ministerpräsident Rüttgers angeboten hat. Rüttgers hatte erklärt, er habe davon nichts gewusst und die Aktion nach Bekanntwerden sofort gestoppt. Den Vorwurf der Käuflichkeit wies er entschieden zurück. Solche Unterstellungen seien "absurd und völlig unzutreffend". Die Landes-CDU hatte eingeräumt, Sponsoren des Parteitags für 6.000 Euro Gespräche mit ihrem Vorsitzenden offeriert zu haben. Wüst hatte sich dafür bei Rüttgers öffentlich entschuldigt.

Wüst sorgte mehrfach für Negativ-Schlagzeilen

Wüst war seit 2006 Generalsekretär des größten CDU-Landesverbandes. Seitdem sorgte er schon mehrfach für Negativ-Schlagzeilen. Zuletzt ging es um überhöhte Zuschüsse, die der Generalsekretär jahrelang vom Landtag kassiert hatte. Er war auch eine Schlüsselfigur in der Affäre um gefilmte Wahlkampf-Auftritte der SPD-Landesvorsitzenden Hannelore Kraft.
Zudem gab es Ärger mit Mitarbeitern in der der CDU-Zentrale in Düsseldorf, Wüst kündigte - zum Teil fristlos - mehreren Mitarbeitern, die dann vor dem Arbeitsgericht klagten. Außerdem soll Wüst als Mitglied des Rheder Stadtrates jahrelang bei fast der Hälfte aller Sitzungen gefehlt, aber dennoch die volle Aufwandspauschale kassiert haben.

Kraft: Bundestag soll bezahlte Treffen prüfen


Hannelore Kraft (SPD)
Hannelore Kraft, Vorsitzender der NRW-SPD; Rechte: ddpNordrhein-Westfalens SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft hat vom Bundestag eine Prüfung der umstrittenen Angebote für bezahlte Treffen mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) gefordert. "Was dort passiert ist, bedeutet einen großen Schaden für die politische Kultur in diesem Land", sagte Kraft am Montag in Berlin. "Geklärt werden muss: Welche Form von Sponsoring liegt hier eigentlich zugrunde?" Der Chef der NRW-SPD-Landesgruppe im Bundestag, Axel Schäfer, warf Rüttgers "Prostitution" vor. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, Wüst habe in der Affäre "seinen Kopf hinhalten" müssen. Entweder habe Rüttgers seinen CDU-Landesverband nicht im Griff oder er müsse für die Vorgänge selbst "die Verantwortung übernehmen".
Die Grünen nannten den Rücktritt Wüsts "höchst überfällig". Rüttgers bleibe aber als Parteivorsitzender politisch verantwortlich für die skandalösen Sponsorenbriefe, erklärten die Landesvorsitzenden Daniela Schneckenburger und Arndt Klocke. Die Grünen wollen den Fall vor den Landtag bringen. Die Landesregierung müsse im Hauptausschuss darlegen, "ob wirklich ausgeschlossen ist", dass Rüttgers gegen Bezahlung Gesprächen mit Sponsoren geführt habe, sagte Fraktionschefin Sylvia Löhrmann am Montag im WDR-Hörfunk.
Die Liberalen hingegen halten zu ihrem Koalitionspartner in NRW und im Bund: FDP-Generalsekretär Christian Lindner machte der CDU "ausdrücklich nicht den Vorwurf, käuflich zu sein". Es handele sich aber ganz offensichtlich um ein "unsensibles, ungeschicktes und auch unangemessenes Angebot".

"Sponsorenpaket" schon 2004

Bei der NRW-CDU ist es seit Jahren üblich, Rüttgers-Gespräche auf Parteitagen und Kongressen an Sponsoren zu verkaufen. Wie der WDR-Hörfunk am Montag berichtete, konnten Firmen bereits im Herbst 2004 gegen Zahlung von 14.000 Euro ein "Sponsoringpaket" für einen CDU-Kongress erwerben. Demnach durften Repräsentanten der Sponsor-Betriebe mit Rüttgers reden und von einem "Top-VIP-Tisch" aus ein abendliches Showprogramm verfolgen. 2005 wurde Rüttgers zum NRW-Ministerpräsidenten gewählt.

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